Jugendhaus Halle – Über das Versagen im Jugendstrafvollzug der DDR von Udo Grashoff

Ani

 

Anzeige / Rezensionsexemplar
Mitteldeutscher Verlag - 13.November 2023
978-3963117886
Taschenbuch - 236 Seiten - 20,00€

Das Jugendhaus Halle galt als größte und modernste Strafvollzugsanstalt für Jugendliche. Udo Grashoff beleuchtet hier den wirklichen Gefängnisalltag der Jugendlichen, der aus Gewalt, Machtmissbrauch und Versagen besteht.

Für mich ein Buch, dass ich nur in kleinen Abschnitten lesen konnte.


Aus dem Buch "Jugendhaus Halle"


Eigentlich sollte diese Jugendhaftanstalt ein Vorzeigeprojekt in der DDR werden. Vergitterte Plattenbauten, Schule, Berufsausbildung und Freizeitaktivitäten standen ganz oben auf der Liste. Die Jugendlichen sollten erzogen werden, mit ihnen gesprochen werden.

Was am Ende dabei raus kam, war ein Versagen auf allen Ebenen. Das zu lesen war ziemlich bitter, zumal das kein schleichender Prozess war, sondern von Anfang an begann.


Ins Jugendhaus kamen Jugendliche, gerichtlich verurteilte Straftäter. Es war dem Innenministerium, bzw. der Polizeibehörde untergeordnet. Es sollte hier wertvolle pädagogische Arbeit geleistet werden – so der Ansatz, der ja in Ordnung ist.

Allerdings wurde hier schnell ein System entwickelt, in dem sich die stärksten Mitgefangenen zum „Chef“ machten – alles im Sinne der „Erzieher“, die für mich keine waren. Hier hatte man den Eindruck, diese waren mit allem möglichen beschäftigt, aber wirklich zeit für die Jugendlichen hatte keiner.

Und genau diese Chefs machten es den Mitinsassen nicht leicht. Es herrschte ein Alltag aus Schlägen, Misshandlungen etc. Alles unter den Augen der Erzieher und des Wachpersonals. Dies zu lesen, war nicht gerade leichte Kost, und auch wenn ich bereits vieles in die Richtung gelesen und gehört habe, so waren mir die Zeitzeugenberichte und Akteneinträge doch ganz schön heftig.

Udo Grashoff befragte ehemalige Strafgefangene: Kleinkriminelle, Rechtsextreme und Oppositionelle. Heraus kam ein Bericht, der erschüttert. Von Solidarität unter Gefangenen Fehlanzeige. Die, die keine oder nur wenig Gewalt erfahren, halten sich aus allen raus, um ja nicht ins Licht zu kommen – was sehr verständlich ist.


Neben Zeitzeugenberichten und Interviews hat Udo Grashoff auch jede Menge Akten gewälzt, soweit noch vorhanden, bzw. soweit überhaupt aufgezeichnet wurde. Denn auch da wurde bereits vieles verschwiegen.

Aber der 1980er Jahre sollte es besser werden. Zwar gingen einige Straftaten zurück, aber es war nie zu Ende. Auch das Wachpersonal war da nicht zimperlich.

Doch fast alle ehemaligen Strafgefangenen haben bis heute Traumata und werden ihre Zeit in Halle wohl nie wirklich vergessen.


Ein erschütternder Bericht, über ein geplantes Vorzeigeprojekt und dessen Versagen. Das Jugendhaus Halle war das größte in der DDR, bekommt aber bisher so gut wie keine Beachtung, schon alleine deswegen ist dieses Sachbuch so wichtig!


Anett



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