Anetts Bücherwelt |
Als
ich diesen Bildband in den Händen hielt, war ich erschrocken, wie es
bei uns teilweise aussah. Wie grau und trist alles wirkte, und doch
habe ich das damals so nicht empfunden. Die Wohnung haben wir uns so
wohnlich wie nur möglich gemacht, immer in der Begrenzung dessen,
was uns zur Verfügung stand. Ich hatte drei Geschwister, meine
Eltern waren gefühlt ständig arbeiten, wir waren selten im Urlaub.
Konnten es uns einfach nicht leisten. Und trotzdem hatte ich nicht
das Gefühl, das mir damals etwas fehlte. Erst als ich selbst älter
wurde, ein Teenager, da wurden mir die Unterschiede klar, auch die
Unterschiede in meiner Schule, wo Kinder lernten, die so lebten wie
wir, aber auch Kinder, dessen Eltern weitaus besser gestellt waren.
Als ich ab und zu bei ihnen daheim war, sind mir die Unterschiede
extrem aufgefallen und ich konnte nicht verstehen, warum es ihnen so
viel besser ging, als uns. Und schon begann für mich im Alter von
ca 13 Jahren die Rebellion, anders zu sein, als ich sein sollte,
anders leben zu wollen, als in das Leben, in das ich geboren wurde.
Sicherlich auch nicht immer einfach für meine Eltern, aber auch
nicht immer einfach für mich.
Anetts Bücherwelt |
Die
hier zum Thema gemachte Ernst-Thälmann-Straße (heutige
Eisenbahnstraße) war gespikt mit kleinen Läden in den Erdgeschossen
und Werkstätten in den Hinterhöfen. Auch wieder eine Parallele zu
dem Wohnhaus, in dem ich groß geworden bin – wir hatten eine
Schlosserei im Hinterhof.
Anetts Bücherwelt Meine Bilder aus dem Fotoalbum von 1984 - Foto aus dem Bildband aus den 80er Jahren |
Die
Bilder erzählen kleine Geschichten, es wird Wäsche aufgehangen,
eine Zigarettenpause in der Sonne genossen oder es standen auch mal
jede Menge Leute an, um Tomatenpflanzen zu ergattern. Ja, das
Anstehen – es gab es tatsächlich und was habe ich nicht in meiner
Kindheit angestanden. Und nicht nur wegen Bananen! Eigentlich wegen
so vielen mehr.
Erzählt
wird dann noch eine kleine Geschichte von Hans Sonntag. „Meine
paradiesische Wohnung“, indem er von seiner kleinen Altbauwohnung
berichtet, vom heizen mit Kohle und wie wenig man eigentlich zum
leben brauchte und trotzdem glücklich war.
„Ich hatte keinen Fernseher, keine Grünpflanzen, kein Warmwasserboiler, keinen Staubsauger und natürlich auch kein Badezimmer. Wie wenig brauchte man wirklich im Leben? Ohnehin bekam man selten das, was man suchte oder wirklich brauchte oder was einem gefiel, man musste das nehmen, was es gab.“(Seite 67)
Wenn
ich mir heute diese Bilder ansehe, und die Bilder meiner Kindheit,
bin ich wieder froh, dass alles anders kam, als mir vorgegeben wurde.
Das wir diese Wende erreicht haben, das wir eine friedliche
Revolution hatten und das wir etwas Neues für uns erschaffen
konnten.
Anetts Bücherwelt Foto aus meinem Fotoalbum 1978 (ich war 6 Jahre) - Fotos aus dem Bildband aus den 30er Jahren. |
Natürlich
ist auch heute nicht alles perfekt – aber uns geht es gut! Wir
haben einen Wohlstand erreicht, den wir zu DDR-Zeiten nie gehabt
hätten. Wir haben eine Demokratie, die wir nie gehabt hätten. Diese
Dinge würde ich heute gern allen unter die Nase reiben, die denken,
uns geht es ach so schlecht! Wir haben das Leben, was wir daraus
machen. Und wir haben nur ein Leben, also macht das Beste daraus und
lebt das Leben! Lebt nicht im früher – lebt im Heute!
Habt
einen friedlichen Tag,
Eure
Anett.
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/ Leseexemplar
Mitteldeutscher
Verlag – ISBN 978-3963111501
05.März
2019 – 96 Seiten – 16,00€
Wie wahr, liebe Anett! Danke fürs heutige Erden! Uns geht's echt gut! Lieber Gruß
AntwortenLöschenDanke :)
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